WK9: Fahrlässige Intransparenz der Stadtverwaltung gegenüber dem Stadtrat?

Im Quartier Wohnkomplex 9 (WK9) wird um dem Bau eines neuen Einkaufcenters gestritten. Trotz eines Überschusses an Einkaufsflächen in der Stadt. Ein AfD-Stadtrat kniet sich in den Sachverhalt rein, klärt auf und pocht auf die Mündigkeit der Stadträte.

Auf der letzten Stadtratssitzung am Dienstag präsentierte Stadtrat Sebastian Dömmel (AfD) aus seiner Perspektive eine kleine Chronik der Planung von Wohnbebauung und Einzelhandels-Ansiedlung im ehemaligen WK9 – das Bauprojekt „Neue Kühnichter Heide“ (im folgenden „Bebauungsplan Nr. 33“). Ein in der Stadt hochstrittiges Bauprojekt.

Zur Chronologie von Stadtrat Dömmel:

  • 06.04.22 – Technischer Ausschuss: erstmaliges Auftauchen des Projekts
  • 26.04.22 – Stadtrat: durch die Mehrheit der Stadträte wird das bis dahin gültige Einzelhandels-Konzept aufgehoben, das eine Einzelhandels-Ansiedlung im geplanten Bereich des ehemaligen WK9 nicht erlaubt hätte.
  • 25.10.22 – der Stadtrat stimmt mehrheitlich dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 33 zu. Die Stadtverwaltung verweist dabei auf ein nunmehr existierendes Verträglichkeitsgutachten vom 29.09.22, das eine Ansiedlung von Einzelhandel erlauben würde – jedoch ohne es den Stadträten vorzulegen.
  • 28.03.23 – Stadtrat: mehrheitlicher Billigungsbeschluss zum „Bebauungsplan Nr. 33“ – weiterhin ohne Vorlage des Verträglichkeitsgutachten vom 29.09.22 für die Stadträte.
  • 09.06.23 – ein nicht öffentlich gemachtes, „geleaktes“ erstes Schreiben der IHK verweist auf zwei Gegengutachten zum weiterhin nicht öffentlichen Verträglichkeitsgutachten vom 29.09.22. Das IHK-Schreiben mahnt außerdem ein neues Einzelhandelskonzept an. Beide Gegengutachten lagen den Stadträten weiterhin nicht vor.
  • 13.10.23 – ein neuer (weiterhin nichtöffentlicher) Entwurf zu einem neuen Einzelhandels-Konzept liegt der Stadtverwaltung vor.

Stadtrat Sebastian Dömmel weist nach seiner kleinen Chronik ausdrücklich darauf hin, dass die Stadtverwaltung verpflichtet sei, die Stadträte umfassend zu informieren, damit diese überhaupt zu einer sachgerechten Bewertung des „Bebauungsplan Nr. 33“ fähig sind. Dömmel stellt dem Oberbürgermeister daraufhin sechs Fragen – mit Bitte um schriftliche Beantwortung:

  • 1. Wie ist der aktuelle Stand zum Bebauungsplan Nr. 33?
  • 2. Warum lag den Stadträten zum Aufstellungsbeschuss des Bebauungsplanes Nr. 33 am 05.10.22 im Technischen Ausschuss und am 25.10.22 im Stadtrat das Verträglichkeitsgutachten vom 29.09.22 nicht vor?
  • 3. Warum wurden den Stadträten das erste Schreiben der IHK vom 09.06.23 sowie die beiden bestehenden Gegengutachten zum Verträglichkeitsgutachten vom 29.09.22 nicht vorgelegt – welche zur Meinungsbildung eines Stadtrats nötig und wichtig gewesen wären?
  • 4. Warum bezieht sich das zweite, wiederum nicht öffentlich gemachte, abermals „geleakte“ Schreiben der IHK vom 16.11.23 auf das Einzelhandelskonzept vom 13.10.23 hin, welches laut Aussage der Stadtverwaltung noch gar nicht vorlag?
  • 5. Warum bekam Stadtrat Sebastian Dömmel am 20.11.23 auf Nachfrage keine Dokumente von der Stadtverwaltung ausgehändigt?
  • 6. Warum wurde das Verträglichkeitsgutachten vom 29.09.22 und das neue Einzelhandelskonzept vom 13.10.23 von derselben Agentur angefertigt?

Abschließend bat Stadtrat Dömmel der schriftlichen Beantwortung seiner Fragen die vorenthaltenden Dokumente beizulegen.

QUELLE: ab 01:43:45 (ca. 8 Minuten)

ANMERKUNG:
Eine weitere unangenehme Fragen bekam der Oberbürgermeister von den Stadträten (noch) nicht gestellt: 
(1) Was hat ihn – als ausgewiesener Handelsexperte – bewogen, mit der Behauptung einer gesetzlichen 3.000-qm-Regel für Einzelhandels-Zentren zu argumentieren, die sich als nachgewiesen falsch herausstellte – in einer so hochstrittigen Sache wie dem Überlebenskampf des Treff-8-Centers als zentraler Versorgungsbereich?
(2) Ob der Oberbürgermeister überzeugende Gründe für diese Form von Kommunikation und Argumentation der Stadtverwaltung gegenüber dem Stadtrat und der Bürgerschaft findet? 

Peinlich für die „demokratischen“ Faktionen des Stadtrats, dass ausgerechnet ein Vertreter der als „demokratie-feindlich“ bewerteten AfD im Hoyerswerdaer Stadtrat auf die Mündigkeit von Stadträten pochen muss.