Zweimal messen, einmal schneiden?

Der Konflikt um zwei Einzelhandelsstandorte in Hoyerswerda kocht wieder hoch. Ich schreibe unter dem Titel „Treff 8 contra Neue Kühnichter Heide“ eine Artikelserie auf Facebook. Dies ist der 2. Teil.

Zweimal messen, einmal schneiden?
Im Artikel vom 08.06. haben wir festgestellt, dass das neue Einzelhandels-Konzept (EHK) die Rechtslage zwischen den beiden Investoren des Konflikts verändert. Das Treff 8 Center verliert seinen Schutz-Status als zentraler Versorgungsbereich – an das Planvorhaben „Neue Kühnichter Heide“. Damit wäre das Vollsortimenter-Vorhaben des Treff 8 Centers akut gefährdet. 
Genau deshalb ging der Investor des Treff 8 Centers auch in die Offensive, als er am 24.05. mit seinen Offenen Brief zum zweiten Mal an die Öffentlichkeit ging. Während sein Gegenspieler weiter unsichtbar bleibt und still abwartet. 
Im Offenen Brief, klagte er über Fehlinformationen zum Baurecht für das Vorhaben seines Vollsortimenters und winkte mit dem Zaunpfahl: Er sprach vom Risiko eines Schadensersatzes in 7-stelliger Höhe.
Dies wäre also die erste (mögliche) Konsequenz, die wir als Stadtgesellschaft abzuwägen hätten, wenn das neue EHK die Rechtslage in diesem Konflikt verändert: Das Risiko des Schadenersatzes. Wäre das realistisch? Wollen wir das ungeprüft riskieren? Oder nehmen wir uns die Zeit und messen besser noch ein zweites Mal, bevor wir schneiden?

Die AfD prescht voran
Die Fraktion der AfD verschaffte sich auf diese angedrohte Gefahr des Schadensersatzes hin – ohne großes Aufsehen – sofort Akteneinsicht in den Rechtsstreit zwischen Stadtverwaltung und Treff 8 Center. Stadtrat Sebastian Dömmel (AfD) antworte auf der Ratsversammlung am 27.05. dem emotional stark irritierten Stadtrat Christian Völker-Kieschnick salomonisch: „Lesen Sie die Akten und Sie werden keine Zweifel mehr haben.“ Mehr ließ die AfD nicht gucken. 

Aktives Hoyerswerda/Grüne gehen einen Schritt weiter 
Die fünfköpfige Fraktion Aktives Hoyerswerda/Grüne geht einen Schritt weiter als die AfD: Sie will sich die Wurzel des Konflikts anschauen und beantragte zusätzlich Akteneinsicht: (1) zum Ausschreibungsverfahren des Grundstücksverkaufs „Neue Kühnichter Heide“, (2) zum Verkehrswertgutachten des Grundstücks und (3) zum Kaufvertrag. Die Akteneinsicht nahm die Fraktion mittlerweile vor. 
Zugleich beantragte sie auf der Ratsversammlung am 27.05. eine Rückstellung der Beschlussvorlage zum Einzelhandelskonzeptes (EHK), damit die Vorwürfe des Investors geprüft werden können. Cornelia Déus, die als beratende Bürgerin für die Fraktion im Technischen Ausschuss und im Verwaltungsausschuss sitzt, machte vom Petitionsrecht Gebrauch. Sie kennt das Einzelhandelskonzept und bat um eine öffentliche Auslegung des EHK’s. Die Bürgerschaft solle sich selbst detailliert ein Bild über die Analysen, Schlussfolgerungen und die neue Rechtslage machen.

Sonderstadtrat am 23.06.
Am 23.06. (Mo) wird es dazu eine Sonderstadtrats-Sitzung geben. Dort wird die Fraktion die anderen Mitglieder des Stadtrats über die Ergebnisse ihrer Akteneinsicht in Kenntnis setzen. Mit Dorit Baumeister hat sie eine in der Materie stehende, sehr kompetente Stadträtin in ihren Reihen. Ihr Bewertung der Akten könnte sehr interessant werden.
Doch was passiert, wenn die Fraktion Aktives Hoyerswerda/Grüne die Mehrheit der Stadträte nicht überzeugt, das EHK nochmals von der Bürgerschaft selbst prüfen zu lassen, damit sich diese selbst ein Bild machen kann? Was passiert, wenn das neue EHK kurzerhand doch beschlossen wird und die vom Treff 8 befürchtete Änderung der Rechtslage eintritt? 
Auf Nachfrage erklärt der betroffene Investor klipp und klar: „Klagen würden wir auf Schadensersatz, da man uns rechtswidrig die Baugenehmigung verwehrt hat.“

Was sagt eigentlich die KI zu diesem Fall?
Legt man der KI von Google (Gemini) diesen Fall dar, ordnet sie diesen Vorgang zunächst ganz allgemein als sogenannte „Amtshaftungsklage“ ein. 
Gibt man ihr die Hinweise, wie lange dieses Verfahren sich schon hinzieht, dass der Investor, einen Anwalt hinzuziehen musste, um eine Antwort auf seine Bau-Voranfrage zu bekommen, sagt man der KI, mit welchen Argumenten er Widerspruch gegen den Negativ-Bescheid der Stadtverwaltung einlegte, addiert weitere pikante Details und Indizien dazu, umso gnadenloser berechnet die KI Wahrscheinlichkeiten von rechtswidrigem Verhalten. 
Je nachdem mit welchen weiteren nachweisbaren Prämissen oder Indizien man die KI füttert, umso dunkelgrauer bis gruseliger wird das rechtliche Bild. Man kann nur hoffen, dass die Stadtverwaltung die ungünstigsten Szenarien für sich selbst aufrichtig durchgespielt hat. Und dass sie sich sicher ist, was sie tut.
Deshalb wollen wir uns im 3. Teil noch nicht mit den möglichen rechtlichen Bildern, sondern mit Prämissen und Indizien des Konflikts beschäftigen, bevor wir es wagen, die KI diese mal bewerten zu lassen.