Ein vergessener Showdown

Der Konflikt um zwei Einzelhandelsstandorte in Hoyerswerda kocht wieder hoch. Ich schreibe unter dem Titel „Treff 8 contra Neue Kühnichter Heide“ eine Artikelserie auf Facebook. Dies ist der 3. Teil.

Ein vergessener Showdown
Januar 2024: In der Lausitzhalle kommt es zu einer stürmischen Einwohnerversammlung. Die Stimmung ist eindeutig: Die Mehrheit der ca. 400 Anwesenden bezweifelt den Sinn des Projekts „Neue Kühnichter Heide“. 
Der Investor des Treff 8 macht den Leuten ein Kompliment: „Respekt an Sie alle. Es ist nicht normal, dass man für seine Stadt, für seine Strukturen und seine Meinungen noch so kämpft.“ Er kündigt an, neben der Modernisierung des Netto Discounter, einen Vollsortiment-Markt in seiner Immobilie anzusiedeln. 
Im selben Monat beschließt der Stadtrat, ein neues Einzelhandelskonzept (EHK) zu beauftragen. Das zuvor vorgelegte EHK machte den Eindruck von Befangenheit und hatte keine Untersuchung der Potentiale des Treff 8 Centers vorgenommen. 

Zwei Lokomotiven auf einem Gleis
Bereits Anfang Dezember 2023 stellte der Investor des Treff 8 bei der Stadtverwaltung eine Bauvoranfrage für einen Vollsortimenter: Die erste Lokomotive wird auf das Zeitgleis gesetzt. 
Im Mai 2024 wird eine zweite Lokomotive hinter diese erste Lokomotive auf das Gleis gesetzt: Der Stadtrat beschließt neue die Aufgabenstellung des beauftragten EHK. Hier wird festgelegt, dass ein neuer Gutachter auch relevante Planvorhaben mit in die Erarbeitung eines neuen EHK‘s einbeziehen soll. Allerdings wird nicht definiert, welche Planvorhaben das sein sollen – und welche nicht. Das wird ein Jahr später eine wichtige Rolle spielen.
Die beiden Lokomotiven machen sich zeitversetzt gemächlich auf den Weg und scheinen zunächst nichts miteinander zu tun zu haben.

Vollbremsung: Die erste Lokomotive kommt zum Stehen
Im Oktober 2024 macht die erste Lok (Treff 8 Center) plötzlich eine Vollbremsung. Mit Hilfe eines Anwaltsbüros hatte der Investor des Treff 8 die Stadtverwaltung nach zehn Monaten endlich dazu bewegt, sich zur Bauvoranfrage für seinen Vollsortimenter-Markt zu äußern: Abgelehnt! Der Investor legt daraufhin sofort Widerspruch ein.
Und die zweite Lok? Die fährt dicht auf. Im Dezember 2024 macht der neu beauftragte Gutachter einen ersten Workshop mit geladenen Stadträten aller Fraktionen zum EHK. Von der „Neuen Kühnichter Heide“ ist hier keine Rede.

Ein geheimnisvolles Nebengleis
Als sich die Stadträte im Januar 2025 zum zweiten Workshop versammeln, erscheint das Planvorhaben „Neue Kühnichter Heide“ plötzlich als Untersuchungsgegenstand des neuen EHK. Offenbar ohne Rücksprache mit dem Stadtrat, hatte die Stadtverwaltung dies dem Gutachter-Team angewiesen. So weit so gut. Doch das Planvorhaben des Treff 8 wird nicht zum Untersuchungsgegenstand gemacht. Nanu? War es rechtens dieses zu ignorieren? 
Auf den ersten Blick: Ja. Denn für die Stadtverwaltung existierte dieses Planvorhaben nicht mehr. Sie hatte es ja im Oktober abgelehnt. 
Auf den zweiten Blick dürfen wir uns da nicht so sicher sein, denn das Widerspruchsverfahren war final noch nicht abgeschlossen. 
Obendrein flattert am 05.03. die Nachricht in die Stadtverwaltung, dass der Negativ-Bescheid der Stadtverwaltung keine rechtliche Grundlage hat. Die Stadtverwaltung legt daraufhin ihrerseits Widerspruch ein. Die Lok des Treff 8 bleibt weiter auf der Stelle stehen. 

Die Lokomotiven tauschen ihre Reihenfolge
Was keiner so richtig bemerkte: Bereits im Februar hatte sich durch das Nebengleis der Workshops die zweite Lok (das EHK) vor die erste Lok gesetzt. In einem ihrer Waggons versteckt, liegt der Plan zur Veränderung der Rechtslage zwischen der „Neuen Kühnichter Heide“ und dem Treff 8 Center. 
Diese zweite Lok rast nun davon: Am 15.05. durchfährt sie eine wichtige Station, die Bürgerinformationsveranstaltung mit 69 Teilnehmenden. Damit glaubt die Stadtverwaltung die notwendige Bürgerbeteiligung wäre erfüllt. Die Lok nimmt weiter Fahrt zur Zielmarke auf: Die Juni-Stadtratsversammlung soll das neue EHK mit der darin versteckten neuen Rechtslage beschließen. 
Ohne viel Getöse hätte sich dann der Konflikt zwischen dem sichtbaren und dem unsichtbaren Kontrahenten doch noch zugunsten der „Neuen Kühnichter Heide“ verändert. Der um seinen Schutzstatus beraubte Treff 8 könnte dann nur unter äußerst erschwerten Bedingungen sein Planvorhaben eines Vollsortimenters ins Ziel bringen. 

Achtung Unfall-Gefahr: Der Crash der Lokomotiven
Angesichts dieser Gefahr zog die deutlich zurückgebliebene Lok die Pfeife: Der Treff 8 veröffentlichte am 24.05. seinen „Offenen Brief“ und drohte mit Schadensersatz. Schnaufend rast sie der ersten Lok hinterher.
Denkt man sich tiefer in die Umstände hinein, könnte man die Rechtskräftigkeit des neuen EHKs vielleicht in Zweifel stellen, weil zum wiederholten Mal ein wichtiges, relevantes Planvorhaben nicht berücksichtigt wurde: Der Treff 8. Niemand weiß wie die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde, die Landesdirektion Sachsen, diesen seltsamen Umstand (a) mangelnder Information über ein für das EHK relevantes Planvorhaben und (b) dessen Nicht-Beachtung beurteilen würde. 

Was sagt eigentlich die KI?
Füttert man die KI mit all diesen Umständen, spuckt sie neben dem Tatbestand einer „Amtspflichtverletzung“ nun noch einen weiteren Tatbestand aus: „Wettbewerbsverzerrung“. Wegen: (1) Möglicher Ungleichbehandlung eines Investors und (2) möglicher Begünstigung eines konkurrierenden Investors der gleichen Branche.
Die KI garniert das Ganze zusätzlich mit den Optionen (a) „strafrechtlicher Vorsatz“, (b) „grobe“ und (c) „einfache Fahrlässigkeit“ und erwähnt emotionslos entsprechende Konsequenzen für die davon betroffenen Angestellten der Stadtverwaltung: Disziplinarverfahren und Regress.

Die Stadtverwaltung vor sich selbst schützen?
Vielleicht sollte der Stadtrat angesichts dieser Irritationen ernsthaft erwägen, die Stadtverwaltung vor sich selbst zu schützen – und eine ernsthafte Aufklärung und rechtliche Prüfung aller Umstände in diesem Konflikt anstreben, bevor er sich auf einen Beschluss einlässt und mit dem neuen EHK eine neue Rechtslage herstellt. Andernfalls könnte der Investor des Treff 8 unserer Stadtverwaltung tatsächlich seine scharfen Zähne in den Hals rammen. Während der andere Investor still und unsichtbar weiter abwartet.
Vielleicht macht es ja doch Sinn, sich mehr Zeit für diesen Fall zu nehmen. Drängt uns denn irgendetwas?