Der Konflikt um zwei Einzelhandelsstandorte in Hoyerswerda kocht wieder hoch. Ich schreibe unter dem Titel „Treff 8 contra Neue Kühnichter Heide“ eine Artikelserie auf Facebook. Dies ist der 1. Teil.
Eingepfefferter Konflikt
2022 nistete sich nach und nach ein gepfefferter Konflikt in unsere Stadt ein, der nun auf einen Höhepunkt zusteuert: Der Konflikt zwischen dem Planvorhaben „Neue Kühnichter Heide“ und dem Vollsortimenter-Vorhaben des „Treff 8“, dessen Eigentümer – was hier immer vergessen wird – im Sommer 2020 wechselte.
Dieser Konflikt hat maßgeblich mit dem neuen Einzelhandels-Konzept (EHK) zu tun. Doch warum? Und warum sollte er deshalb auf Höhepunkt zusteuern?
Neue Rechtslage verändert den Konflikt
Ganz einfach: Das neue Einzelhandelskonzept wird eine neue Rechtslage in diesem Konflikt herbeiführen. Tut er das wirklich, fragen viele Leute. Einigen Stadträten scheint das nicht klar, andere behaupten vehement das Gegenteil. Schauen wir uns das deshalb mal genauer an:
Lassen wir zunächst das Papier knistern. In einem IHK-Leitfaden zur Erstellung eines EHK steht folgendes: „Ein Einzelhandelskonzept ist eine planerische und politische Willenserklärung, um einen Rahmen für die Entwicklung des Einzelhandels zu setzen. Dieser Rahmen legt für die eigene Kommune fest, welche Zentren geschützt sind und gestärkt werden sollten. Nach Beschluss durch den Stadt- oder Gemeinderat gilt das Einzelhandelskonzept als sogenanntes städtebauliches Entwicklungskonzept. Es ist sowohl bei der Aufstellung von Bebauungsplänen als auch bei Genehmigungen von Vorhaben in Siedlungsbereichen ohne Bebauungsplan zu berücksichtigen.“ (S. 32)
Was heißt das, bezogen auf den Konflikt, den wir hier besprechen, etwas kürzer ausgedrückt? „Dieser Rahmen legt … fest, welche Zentren geschützt sind und gestärkt werden sollten.“
Das gleiche anders gesagt: Im alten noch gültigen EHK hat das Treff 8 Center ein besonderen Schutz-Status. Im neuen EHK verliert das Center ihn – an das Planvorhaben „Neue Kühnichter Heide“.
Des Pudels Kern
Darum wird in diesem Konflikt gekämpft: Um das Herstellen genau dieser neuen Rechtslage. Es ist der Kampf um einen neuen Schutz-Status. Es gibt Leute, die behaupten beides könnte nebeneinander koexistieren. Das Problem ist aber: Das neue EHK untersuchte den Umstand dieser möglichen „Koexistenz“ gar nicht. Wir wissen es also nicht genau. Die konkreten Bedingungen einer (möglichen) „Koexistenz“ sind weder rechtlich benannt noch wurden sie untersucht.
Doch wie konnte das passieren? Wie konnte passieren, dass das neue Vollsortimenter-Vorhaben des Treff 8 Centers als wichtiges Planvorhaben keine Beachtung im neuen EHK fand?
Mit heruntergelassenen Hosen kämpfend
Es kommt noch etwas hinzu. Dieser Kampf zeichnet sich durch eine interessante Besonderheit aus. Während der Investor des Vollsortimenter-Vorhabens verbissen um den Schutzstatus seines Treff 8 Centers kämpft und dabei öffentlich mit heruntergelassenen Hosen sichtbar wird, bleibt der Investor des Planvorhabens „Neue Kühnichter Heide“ unsichtbar. Er muss gar nichts tun. Er wartet einfach nur ab. Doch zugleich ist dieser Kampf mittlerweile so zugespitzt, dass zwei mögliche, gravierende Konsequenzen für unsere Stadtgesellschaft konturenhaft erkennbar werden. Diese beiden Konsequenzen zu benennen, ist Aufgabe dieser Artikel-Serie.
Welches der beiden Eigeninteressen dient dem Allgemeininteresse mehr?
Vorweg: Wir sind uns gewiss alle einig, dass Investoren der Lebensmittel-Branche aus purem Eigeninteresse handeln. Sie wollen an der Kaufkraft unserer Stadtgesellschaft teilhaben, sprich sie wollen „Kohle machen“. Profit. Dagegen ist nichts einzuwenden, das ist der Kern der Marktwirtschaft.
Als Stadtgesellschaft (= Stadtpolitik, Stadtverwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft) müssen wir nun entscheiden, welches Investoren-Einzelinteresse dem Wohl der Stadt mehr dient – und welches nicht.
Fairer Diskurs, ohne Brechstange – und mit etwas mehr Zeit
Darüber muss sich jetzt die Stadtgesellschaft einigen. Dazu müssen wir jetzt alle selbst die Hosen runterlassen und uns sagen, was wir für unsere Stadt wollen und was nicht.
Dafür brauchen wir einen fairen, uns gegenseitig informierenden und argumentativ austauschenden Diskurs (Streit). Und wir brauchen etwas mehr Zeit. Wir sollten jetzt nicht mit der Brechstange arbeiten.
Und dann? Dann sollten unsere Stadträte entscheiden – in vollem Bewusstsein, eine bestimmte Wählerschaft zu repräsentieren. Und dann sollten wir das Ergebnis akzeptieren und unseren Frieden suchen.
Zwei einfache Fragen
Es ist sind also zwei ganz einfache Fragen zu beantworten:
(1) Wollen wir die Rechtslage in diesem Konflikt verändern – oder wollen wir es nicht?
(2) Wollen wir die (möglichen) Konsequenzen dieser neuen Rechtslage tragen – oder wollen wir sie uns nicht zumuten?