In der Facebook-Gruppe „Ideen für Hoyerswerda“ führt ein Text, den ich über die AfD Hoyerswerda schrieb, zu einer Schärfenverlagerung. Es wird klar, dass es längst nicht mehr um die AfD geht…
MG: (…) Ich kann nur hoffen, dass diese Ausführungen sehr viele Hoyerswerdaer Bürger lesen und durchdenken und zu dem folgerichtigen Schluss kommen.
OW: Sorry. Ich kann überhaupt nicht bestätigen, was du hoffst. Der Frust auf die kommunalpolitisch „Etablierten“ ist ungebrochen. Die AfD-Truppe hingegen, man mag halten, was man von ihr will, wirkt motiviert, präsent und lebendig. Sei es über Facebook oder über ihre „Blaue Post“ oder über die Auftritte ihrer Fraktion, zu welchen Gelegenheiten auch immer. Sie sind spürbarer als die (einfallslos agierenden) „Etablierten“, die – verzeih – keinen Saft in den Eiern haben. Wahlen werden eben NICHT in den Sitzungen vom Stadtrat oder ihren Ausschüssen gewonnen (obwohl da die Arbeit gemacht wird) und auch nicht durch kluge Texte. Das weiß die AfD sehr genau. Wir spielen hier Schach gegen eine ausgebuffte Truppe (die vermutlich auch gut von draußen beraten wird) – und wir „anderen“ merken nicht, dass wir bereits seit Monaten ohne Dame spielen. Kurzum: Ich persönlich glaube, dass ein AfD-Oberbürgermeister nicht verhindert werden kann, wenn die etablierten „Schnarchtassen“ sich weiterhin nur von Sitzung zu Sitzung schleppen und ansonsten keine Stadtpräsenz zeigen. Im 2. Wahlgang reicht eine einfache Mehrheit. 7.000 Wählerstimmen dürften reichen. Und die liegen für Marco Gburek greifbar nahe.
JK: es ist nicht ganz so „einfach“, wie es sich darstellt.
Ich kann mich jetzt nur auf meine Partei „Die Linke“ und ihr Verhalten im kommunalem Bereich beziehen.
Wir sind zum Beispiel jeden Sonnabend vor der nächsten Stadtratssitzung auf dem Lausitzer Platz und versuchen die Menschen über kommunalpolitische Themen zu informieren.
Das Interesse dafür kann man gutmütig als Mittelmäßig bezeichnen.
Ich vermute, wir haben immernoch diese „die da Oben“ Mentalität in der Bevölkerung. Man meint, „die da Oben“ werden schon das „Richtige“ tun und falls nicht. Na ja dann meckern wir einfach darüber.
Dass dann schon die Entscheidungen gefallen sind, scheint die Wenigsten zu interessieren. Warum hätte man im Vorfeld auch was sagen sollen, die Verantwortlichen hören ja eh nicht zu.
So sieht das 1. Dilemma aus.
Das 2. Dilemma ist, dass es für viele Menschen „Ehrenrührig“ scheint sich mit den Linken auseinander zu setzen. Da viele immer noch glauben sie sprechen mit Vertretern der SED.
Mit diesen unterhält man sich einfach nicht.
Dazu kommt, dass es vielen Leuten schwer fällt zwischen Bundespolitik, Landespolitik und kommunal Politik zu trennen.
Dieses fällt immer wieder in den Diskussionen auf.
Dieses kann eine “ neue“ Partei, wie die AfD ausnutzen.
OW: Richtig. Auf das „die-da-Oben“ setzt sich ja die AfD voll drauf und kultiviert das „Schuldig-unschuldig“-Spiel. Die Linke sitzt oft genug auf demselben Spieß. Der Spieß muss aber langsam mal umgedreht werden! Die Spitze muss mehr und mehr auf den Bürger selbst zielen: Beweg deinen Arsch, Bürger! Sag mir nicht, was du NICHT willst, sondern sag mir KONKRET, was du wünschst und für realistisch umsetzbar ist hältst! Die Frontstellung zum Bürger muss aufhören! Das Hinhören, konkrete Nachfragen und Festnageln hinsichtlich ihrer eigenen Ideen – hier im kommunalen Raum – das muss anfangen… Verstehste den Unterschied?
Das ist STRATEGISCH eine vollkommen andere HERANGEHENSWEISE (würde z.B. Lenin jetzt sagen).
Der Bürger muss gemolken werden, nicht der Staat. Das meine ich nicht „monetär“, das gilt eher umgedreht. Allet klar, was den Unterschied betrifft, den ick meine?
Eine großstädtische Bekannte fragt, wie der Text in der Stadt angenommen wird. Ich schreibe ihr zurück:
Ich will nicht sagen, dass ich zerfetzt werde…
50% Scheißekübel sind es schon, die man mir hier vor die Nase stellt. Und jene, die die Scheißekübel schieben, begreifen nicht, dass es mir überhaupt nicht um die AfD geht. Sondern um die Schätze, die sie in sich selbst tragen (oder wie ich es soziologisch nenne -„zivilgesellschaftlich-solidarische Bürgerlichkeit“).
Ich habe den Eindruck, dass die „höhere“ Politik (die fernen „Strukturmacher“) und die großstädtischen Intellektuellen-Kulturen nicht kapieren, welche Frust-Energie hier über die letzten 30 Jahre nach dem Abbruch der „friedlichen Revolution“ produziert, umschlossen und weitervererbt wurde und schließlich versteinerte… Es bedarf eigentlich einer erneuten Selbstermächtigungs-Therapie, wie damals 1989/90, die die Leute hier brauchen, um aus diesem erstarrten „Ich-bin-ein-Objekt/Opfer“-Denken herauszukommen…
Um endlich weiter ihre Goldklumpen zu heben – ihre gemeinschaftliche Kraft und Lebendigkeit – der ihnen 1990/91 mit der selbstgewählten Wiedervereinigung „strukturell“ wieder gestohlen wurde…
Die AfD ist hier in der Provinz nur der schwarze Klebstoff, den sich die Pechmarie aus den Haaren schneidet… um sich selbst wieder im Spiegel zu ertragen… Sie spendet ihren Anhängern ein merkwürdiges Verständnis von Würde… Selbstwertgefühl… Nun ja.“