Der Konflikt um zwei Einzelhandelsstandorte in Hoyerswerda kocht wieder hoch. Ich schreibe unter dem Titel „Treff 8 contra Neue Kühnichter Heide“ eine Artikelserie auf Facebook. Dies ist der 4. Teil.
Wo steckt das Teufelchen, das uns die Hörner aufsetzt?
In den letzten beiden Artikeln haben wir die erste Grube ausgemessen, in die unsere Stadtverwaltung mit einer möglichen Klage des Treff 8 Centers fallen könnte: Amtspflichtverletzung und Wettbewerbsverzerrung. Doch wartet noch eine zweite Grube auf uns alle, in die wir steuern könnten, ohne dass wir es bemerken.
Drei Jahre schon schwelt der Konflikt der beiden konkurrierenden Investoren um die bauliche Rechtslage ihrer Standorte. Dies spaltet auch unsere Einwohnerschaft in Pro und Contra.
Einigen könnten wir uns gewiss darauf, dass wir alle dasselbe wollen: Das Beste für unsere Neustadt. Doch irgendwo versteckt sich hier ein Teufelchen, das uns Hörner aufsetzt und aufeinanderhetzt. Nur wo genau versteckt es sich?
Kannibalismus zweier benachbarter Einkaufszentren droht
Mittlerweile scheint jedem zu dämmern, dass die neue Rechtslage zwischen Treff 8 und „Neuer Kühnichter Heide“ den bestehenden Bereich am Knotenpunkt von WK8, WK1, WK3 und Klinikum gegenüber dem geplanten neuen Wohnquartier an der Stadtrandlage von WK9, WK10 und B97 noch mehr abwerten könnte.
Das neue Einkaufszentrum könnte das alte kannibalisieren und dann hätten wir vermutlich bald wieder einen Leerstand mehr.
Nur eine Option: Entweder-oder
Auf Nachfrage sagte der Investor vom Treff 8 sehr deutlich: „Wenn die neue Rechtslage kommt und damit ein neues Einkaufszentrum in unserer Nähe, dann ziehen wir uns zurück und klagen auf Schadenersatz.“
Es gibt hier also kein Sowohl-als-auch, sondern nur noch das Entweder-oder.
Vielleicht kommen wir jetzt dem versteckten Teufelchen auf die Spur: Es steckt in unserem eigenen Umgang mit zwei konkurrierenden Investoren, die uns jeweils ihre Schüssel leckerer Pfannkuchen darbieten. Nur müssen wir uns leider für eine entscheiden. Beide gibt’s nicht.
Die Geschichte vom „Teufelchen und den Pfannkuchen“
Irgendwie erinnert das an die Geschichte vom „Teufelchen und den Pfannkuchen“, die eigentlich „Alarm im Kasperletheater“ heißt. Streng genommen sind es in unserem Fall zwei Teufelchen: Sie streiten darum, welche Pfannkuchen-Schüssel man sich schnappt und welche nicht.
Wenigstens gibt uns eine Umfrage, die man im Analyse-Teil des neuen Einzelhandelskonzepts lesen kann, einen Hinweis darauf, was unsere Einwohnerschaft vom Planvorhaben „Neue Kühnichter Heide“ hält: 26,7 % sagen ja – 42,8 % nein.
Wie die Mehrheiten im Stadtrat verteilt sind, werden wir am 23.06. erfahren. Wenn die Petition der Bürgerin Cornelia Déus nach öffentlicher Auslage des EHK‘s abgelehnt wird, stimmt der Stadtrat sofort über das EHK. Dann wissen wir‘s.
Schauen wir die beiden Teufelchen mal genauer an.
Eine Stadt – zwei Teufelchen
Das eine schnauft hungrig: Lass uns die Schüssel vom Investor am Stadtrand nehmen! Es herrscht Marktwirtschaft. Er macht es uns da hübsch und fördert die Konkurrenz! Und wenn der andere Ort verrottet, ist er selber schuld und nicht wir!
Das andere schimpft: Lass uns die Schüssel vom Treff 8 nehmen. Der Ort passt besser zur unserer bestehenden Stadt. Wenn wir den Investor verprellen, sind wir dafür verantwortlich, ob der Ort verrottet.
Das scheint der verborgene, eigentliche Kern des Konflikts zu sein, den jeder „irgendwie“ instinktiv spürt. Es ist ein städteplanerischer Konflikt. Darum geht es hier eigentlich.
Aus der Perspektive der beiden Investoren geht es darum, bei wem die Kassen klingeln. Aus Perspektive der Einwohnerschaft aber geht es um mehr:
Wollen wir das neue Stadtquartier oder nicht?
Das eine Teufelchen verzichtet auf eine städtebauliche Vision für die Neustadt und reagiert spontan auf das, was sich „verführerisch“ bietet. Es riskiert, dass es sich sein Bäuchlein verdirbt und greift trotzdem zu.
Das andere wünscht sich eine realistische, städtebauliche Vision und einen Plan, wie man da hinkommt. Einen roten Faden. Es greift nicht sofort nach jeder Schüssel.
Beide Teufelchen machen uns aus: Das spontane Zugreifen und das zeitaufwendigere Nachdenken. Im Grunde können wir deshalb den Konflikt der beiden Standorte auf eine einzige Frage hin zuspitzen:
Brauchen wir eine Vision für die Neustadt oder sagen wir – scheiß drauf!
Der Witz ist: Es gibt bereits die Konturen einer Vision. Keine konkreten Bilder. Aber einen Wegeplan, wie man zu den konkreten Bildern einer Vision kommt. Doch nur die wenigsten bemühen ihn.
Dieser Wegeplan entstand im Zuge der Entwicklung des „Gesamtstädtischen Regionalen Entwicklungs- und Handlungskonzeptes“ (GeREHK). Dazu muss man wissen, dass dieses Konzept seit sechs Monaten die Bibel für unserer Stadtentwicklung ist. Sie wurde im Dezember 2024 vom Stadtrat abgesegnet.
In ihr versteckt sich ein erst im April hinzugefügtes und beschlossenes Zusatz-Kapitel: Der konzeptionelle Stadtteilplan Neustadt 2040 (KSP). Das ist der Wegeplan zur Neustadt-Vision!
Zwei gegensätzliche Wegepläne
Und jetzt kommt die Pointe: Das sechs Monate alte GeREHK mit seinem vier Monate altem Wegeplan für die Neustadt, ist „nur“ ein orientierendes Planungsinstrument. Das neue Einzelhandelskonzept (EHK) dagegen nicht. Es ist mehr.
Würde man das EHK in der jetzt vorliegenden Form beschließen, würde die darin enthaltene neue Rechtslage zwischen den beiden konkurrierenden Standorten in Widerspruch zum Wegeplan stehen, der uns zu einer Vision der Neustadt führen soll.
Also doch keine Vision für die Neustadt?
Diesen sonderbaren Gegensatz wollen wir im letzten Teil unserer Artikel-Serie behandeln.