Kostenloser Nahverkehr: In die Falle des „Populismus“ getappt

Eine schlichte Frage verführt mich zu einer populistischen Reaktion. Ein wachsamer Nachfrager zwingt mich zu Präzision. Ich erkläre ihm (und mir) wortreich und dankbar, was passiert ist.

1. RB fragt: „Wieso dürfen Bundeswehrsoldaten kostenlos Bahn fahren und unsere Feuerwehrleute, THW-Helfer, Rettungssanitäter und Krankenschwestern nicht?“ Das heißt, er erweitert den Personen-Kreis derjenigen, die kostenlos fahren sollten. Er ist ein Linker und wendet die Frage in die Richtung: Ist das gerecht, dass nur die Soldaten das dürfen? Der macht eine Gerechtigkeit-Frage daraus. Finde ich okay und normal für einen Linken.

3. Dann kommt eine andere Gruppe. Die Leute, die sagen, irgendwie hat RB recht. Da steckt doch eine Gerechtigkeitsfrage drin. Und dann komme ich, und springe voll in genau diese Pfütze und krakeele rum: Warum nicht kostenlos für alle? Und Achtung jetzt kommst du gleich ins Spiel!

2. Jetzt kommt eine Gruppe, die schnoddert rum: Populismus! Unsere Soldaten verteidigen unser Vaterland, den muss man das zugestehen! Und Polizisten nennt RB erst gar nicht – das ist ja mal wieder typisch! Das weitet sich dann aus zu einer fröhlich umher spritzenden Pfützen-Gruppe.

4. Dann weist einer daraufhin und sagt: Moment mal! Die kriegen das gar nicht kostenlos! Die Bundeswehr wird der Bahn dafür jedes Jahr vier Millionen zahlen! Und jetzt kommst du und bleibst zäh an meinem Gelaber (Geposte) dran. Und fragst penetrant: Kostenlos? Geht das überhaupt? Und mir wird klar: Du hast recht! Kostenlos geht ja gar nicht! Und RB und ich und alle die in der Pfütze stehen („Warum eigentlich nicht kostenlos auch für andere Berufsgruppen oder sogar für alle?“) – wir meinen eigentlich was ganz anderes! Wir sind unzufrieden mit dem FINANZIERUNGS-MODELL (Einzel-Ticket = Kauf der Ware „Transport“). Daran ist was falsch! Kann man das vielleicht wechseln, nämlich die Finanzierungs-FORM? Die Bundeswehr macht es ja auch – gegen Bezahlung ihres kompletten Personals mittels eines jährlichen gezahlten Pauschalbetrags von vier Millionen Euros an die Bahn. Die Polizei macht es nicht usw. 

5. Also zwingt mich DEINE Frage einzulenken, mich GENAUER auszudrücken/zu korrigieren und den „Populisten“ RB gleich mit (den ich persönlich kenne und von dem ich weiß: Er ist alles, aber KEIN Populist! Der reißt sich den Arsch wirklich auf für Hoyerswerda – wie andere Lokalpolitiker auch). Und na klar, der ist doch nicht blöd: Natürlich weiß der, dass das alles bezahlt werden muss, wenn man die Tickets abschafft! Und das wissen wir alle in unserer Gruppen-Pfütze auch!

6. Und weil du so unnachgiebig darauf trommelst: Kostenlos? Wie geht daaas denn? – stellst du für die Gruppe in meiner Pfütze die ENTSCHEIDENDE Richtungsfrage: Wie lässt sich ein Ticket-freier öffentlicher Verkehr abwickeln? Während die anderen noch in ihrer Pfütze hüpfen und sich nass spritzen und sich über Soldaten usw. unterhalten (ob mit Uniform oder ohne), hast du „meine“ Gruppe längst aus der Pfütze rausgeführt. Eben (ich wiederhol’s noch mach dankbar) durch deine schlichte, beharrlich gestellte Frage.

7. Ich sag’s mal so als MEINE finale Antwort: Wie kann man den öffentlichen Verkehr finanzieren, ohne sich immer ein Ticket kaufen zu müssen? Es gibt m.E. „abstrakt“ nur vier Optionen: a) Kapital finanziert, b) Steuer finanziert, c) Abgaben finanziert, d) Mischformen finanziert. Ich denke, wenn man vom Ticket weg will, dann geht das nur Abgaben- oder Steuer finanziert. Vielleicht so wie jeder einen Rundfunkbeitrag zahlt, könnte man einen Mobilitätsbeitrag zahlen. Ich bin kein Fachmann in sowas. Ich kann das nur allgemein beschreiben. Aber damit hätte man wenigstens das mögliche Streitfeld schon mal eingeengt, wenn man ticketfreien Verkehr will. Dank deiner Richtungs-Frage. Okay?

(Aus einer Diskussion, geführt in der Facebook-Gruppe „Alle Hoyerswerdaer Jungs und Mädels“ am 18.08.19)