Oberbürgermeister Stefan Skora (CDU) wird zur Wahl 2020 nicht mehr antreten. Die in der Stadt sehr präsente rechtskonservative AfD hat ihren Kandidaten gewählt und bekannt gegeben. Wie wird die bürgerlich-demokratische Mitte der Stadt reagieren?
Wir wissen, dass in einer Repräsentativ-Demokratie jede Stadt genau den Oberbürgermeister hat, den sie verdient. Das gilt auch für ihre Kandidaten.
Rechtskonservativer Kandidat mit hohen Gewinn-Chancen?
Nunmehr steht fest, dass sich ein sehr aussichtsreicher rechtskonservativer Kandidat, Marco Gburek (AfD), 2020 zur Wahl des neuen Oberbürgermeisters stellt.
Aufgrund der Popularität der AfD in der Stadt (ca. 30% plus Wählerstimmen), ihrer passablen finanziellen Ausstattung und ihrer effizienten Wahlkampf-Strategie stehen die Chancen gut, dass der rechtskonservative Kandidat im Kampf um den Oberbürgermeister-Posten die Mehrheit in der Bürgerschaft erlangt.
In Marco Gbureks Ansprache zu seiner Kandidatenwahl kann man eine „katastrophische“ Einschätzung des Zustands der Stadt und seiner Rahmenbedingungen zur Kenntnis nehmen.
„Nach außen sieht man eine schöne und mit einem hohen Maß an Infrastruktur und Lebensqualität gesegnete Stadt. Schaut man aber hinter die Kulissen, so sehen wir, dass wir vor einem Trümmerhaufen stehen, welchen es zu räumen bedarf. Als Kreisrat und Stadtrat dieser Stadt habe ich Informationen über die Zahlen und Prognosen unserer städtischen Betriebe.
Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, wenn ich daran denke, die nötigen Mittel aus kommunaler Kraft und durch Fördermöglichkeiten beschaffen zu müssen, um die Lebensqualität unserer Stadt weiter ausbauen und verbessern zu können. Und dann sehe ich den Strukturwandel, den konzeptlosen Ausstieg aus der Kohle und den damit verbundenen Arbeitsplatzabbau unserer Kohlekumpel, an deren Seite wir erst letztes Wochenende in Schwarze Pumpe demonstrierten […]“
Wie immer man den „inneren“ Zustand der Stadt („Hinter den Kulissen… ein Trümmerhaufen“) einschätzen möge, so deuten sich hier interessante kommunalpolitische Grundhaltungen in der Politik eines möglichen AfD-Oberbürgermeisters an.
1. man liest von einem abwertenden Angriff auf die städtischen Betriebe („Trümmerhaufen“), hinter der vor allem (aber nicht nur) die Grund-Konstruktion der SWH steht, das so mühsam implantierte ökonomische Herz der Stadt, welches die Kommune auf einigen Geschäftsfeldern vor den eiskalt agierenden Kräften eines freien Marktes schützt (z.B. Energie, Wohnen, Verkehr, Kultur).
2. man findet keine Wertschätzung und Würdigung der sich veränderten Beziehungen zwischen den „politischen Subjekten“ der Stadt (Verwaltung, Stadtrat, aktive Bürgerschaft), die mit der intensiv bürgerbeteiligten Überarbeitung des Leitbildes „Hoyerswerda 2030“ und anderen bürgerschaftlichen Projekten eine neue kooperative Qualität erreicht haben.
3. zeigt sich eine abwertende Haltung gegenüber dem bundespolitisch beschlossenen Kohle-Ausstieg und dem eingeläuteten Strukturwandel in der Lausitz. Hierbei wird NICHT auf die neuen Entwicklungs-Chancen, SONDERN ausschließlich auf die Gefährungs-Potentiale fokussiert.
Kurzum: Dramatisierung ohne nüchterne Beschreibung. Abwertung ohne Wertschätzung des Gelungenen. Ankündigung von Bruch ohne Verweis auf Kontinuität. (= Weiterführung produktiver Ansätze)
Gbureks Ansprache lässt zudem vermuten, dass die Bundes-AfD die Stadt Hoyerswerda zum Hauptkampf-Gebiet auserkoren hat – für den ersten hauptamtlichen AfD-Oberbürgermeister in Deutschland:
„Ihr alle hier habt die AfD in den Bundestags- EU,- Kommunal,- und Landtagswahlen unterstützt und ein Ergebnis zu Tage gebracht, an dem die Altparteien noch heute zu knabbern haben […] Nun liegt es daran auch Kommunal ein Zeichen zu setzen und den ersten AfD-Oberbürgermeister Deutschlands zu wählen.
Die Bürger sehen, dass wir auch nach der Wahl unermüdlich weiterkämpfen und uns für sie einsetzen. Gehen wir zusammen den nächsten Schritt und besetzen wir, als erste AfD-Fraktion Deutschlands, das Amt des Oberbürgermeisters.“
Ein gemeinsamer Kandidat der bürgerlich-demokratischen Mitte?
Die Frage stellt sich: Wird die bürgerlich-demokratische Mitte der Stadt kompetente Kandidaten finden, die dem rechtskonservativen Kandidaten ernsthaft Paroli bieten können? Kandidaten, die es vermögen auch in einem 2. Wahlgang, einer Stichwahl, zu siegen – in der dann keine absolute, sondern eine einfache Mehrheit ausreichen würde?
Unter Abwägung dieser Umstände, sollten die Parteien und Wählervereinigungen der bürgerlich-demokratischen Mitte von Hoyerswerda, offen darüber nachdenken, ob sie ein Bündnis schließen für einen GEMEINSAMEN Kandidaten, der echte Erfolgsaussichten hat gegen den starken rechtskonservativen Kandidaten in Hoyerswerda.
Eine Aufspaltung ihrer „bürgerlich-demokratischen“ Gemeinsamkeiten in diverse Kandidaten könnte sich bei der Wahl umkehren in „aufgespaltene Zähl-Minderheiten“ gegenüber einer Zähl-Mehrheit des rechtskonservativen Kandidaten.
Warum ein zukünftiger AfD-Oberbürgermeister für Hoyerswerda überhaupt ein Kümmernis sein sollte – hier mehr.
Zum politik-gestalterischen Dilemma der AfD in Hoyerswerda und in der Lausitz – hier mehr.