Der Konservatismus der AfD Hoyerswerda und der Lausitzer Strukturwandel

Die AfD Hoyerswerda bereitet mir Kopfzerbrechen. Ich muss mich sortieren und was klären, damit ich meine stoische Ruhe zurückgewinne. Ich entdecke dabei ein politik-gestalterisches Dilemma der AfD.

Immer wieder schießt die AfD Hoyerswerda gegen den bundespolitisch beschlossenen Braunkohle-Ausstieg in der Lausitz. Dieser wird von der AfD Hoyerswerda kategorisch abgelehnt. Er sei 1. übereilt, 2. kopf- und konzeptionslos und 3. führe er in den wirtschaftlichen Untergang/Ruin der Lausitz.

Als Alternative bietet die AfD Hoyerswerda, es beim Alten zu belassen. Ihr Lösungskonzept: Hände weg vom Kohle-Ausstieg!

Die Studien der Zukunftswerkstatt Lausitz schätzen indes ein:
Die politische Begleitung des Braunkohleausstiegs stellt auf schnelle, sichtbare, große und plakative Lösungen ab, nicht zuletzt, um populistischen Strömungen, die durch wirtschaftliche Unsicherheit befeuert werden, entgegen zu wirken. Diese Vorstellung korrespondiert mit der Bedeutung der Braunkohleverstromung für die regionale Identität und mündet vor dem Hintergrund der Nachwendeerfahrungen in der Angst vor einem weiteren Strukturbruch. Die Lausitz muss aber nicht vor dem Untergang gerettet, sondern vor einem wirtschaftlichen Bedeutungsverlust bewahrt werden. Das ist mental, politisch und instrumentell ein Unterschied.“ (Seite 12)

Es stellt sich die Frage, ob die AfD Hoyerswerda vermag, in diesem Prozess überhaupt eine kreativ-mitgestaltende Rolle zu finden, eine Rolle, die über die des „Störenfrieds“ hinausgeht.

Stellen wir (bevor ich auf den entscheidenden Punkt komme) noch mal die Grundsituation der Lausitz klar: 
1. Der Braunkohle-Ausstieg ist bundespolitisch beschlossen.
2. Er wurde mit einem zweiten Prozess gekoppelt, der über den Kohle-Ausstieg weit hinaus geht – mit einem umfangreichen, wirtschaftlichen „Strukturwandel-Prozess“.

Dazu wurde vom Bund ein sogenanntes Strukturstärkungsgesetz (inklusive eines milliardenschweren Geldfonds) verabschiedet. Die Länder Sachsen und Brandenburg und die Lausitzer Kommunen sind nunmehr herausgefordert, sich dieses Unterstützungsinstrument für ihre Belange anzueignen und es zu nutzen. Die Konflikte um die Nutzungs-Bedingungen und das Nutzungs-Maß dieses Gesetzes haben begonnen. Ein Nachjustieren des Gesetzes selbst erscheint dringlich und wird vermutlich erfolgreich erkämpft. 

Die zentrale Frage für die Kommunen in der Lausitz stellt sich vor diesem Hintergrund sehr einfach:
Wer wird im (regionalen) Wettbewerb um die originellsten und nachhaltigsten Ideen in der Lausitz die Nase vorne haben? Und wie regional und sozial ausgewogen wird dieser Prozess ablaufen? 

Das Politik gestaltende Dilemma der AfD Hoyerswerda

Die AfD scheint als einzige, aber bedeutungsstarke Partei in Hoyerswerda diesbezüglich ins gestalterische (nicht ins politische!) Abseits geraten. Unklar ist, wie sie ohne Anerkennung des Braunkohle-Ausstiegs am bereits eingeläuteten Prozess des Lausitzer Strukturwandels (pro-)aktiv teilhaben will.

Bekennt sich die AfD irgendwannn doch noch zum Braunkohle-Ausstieg? Ja oder nein?
Bekennt sie sich zur kreativen Teilhabe von Hoyerswerda am Strukturwandel? Auch ohne Akzeptanz des Braunkohle-Ausstiegs?
Ja oder Nein?

Geht das überhaupt, eine grundlegende Voraussetzung des Strukturwandels ablehnen (den Kohleausstieg) und ihn zugleich aktiv und kreativ zu nutzen FÜR die Lausitz und Hoyerswerda?

Warum ist es so wichtig für Hoyerswerda, dass die städtische AfD auf diese Fragen eine Antwort findet?

Gäbe es ein klares Ja seitens der AfD zum Strukturwandel (auf das „Ja“ zum Kohleausstieg könnte man ja notfalls verzichten), hätte man endlich einen Minimalkonsens in der Stadtpolitik. Statt des ewigen DAGEGENS und INFRAGESTELLENS begänne endlich ein konstruktives Debattieren und Aushandeln über die Ideen und Formen der Hoyerswerd’schen Teilhabe am Lausitzer Strukturwandel. (Denken wir dabei an ein Thema wie das der in Aussicht gestellten Verlagerung einer Fachrichtung der TU Dresden nach Hoyerswerda, inklusive eines großen Studentencampus‘, inklusive des Ausbaus der Bahnverbindung nach Kamenz, mit der Dresden in 40 min erreichbar wäre usw. usf.)

Was JETZT ansteht ist, den EINSTIEG in den Strukturwandel-Prozess hinzubekommen. Man mag der AfD dabei eine legitime (!!) extrem konservative Position zugestehen. Sie will sich NICHT damit abfinden, DASS der Braunkohle-Ausstieg kommt. STATTDESSEN nagt sie wie ein Biber an den Prämissen des beschlossenen Ausstiegs und sammelt alles auf (Achtung: harter Metapher-Wechsel!), was in ihre Torpedos passt, um diesen Prozess aufzuhalten.

Ich persönlich empfinde diese Politik der AfD Hoyerswerda als DESTRUKTIV. Die Legitimität des Konservatismus speist sich aus der Widerspruchs-Dialektik von WANDEL und BEWAHREN. Die AfD Hoyerswerda vertritt hier leider die extreme, verabsolutierende Position des „Bewahrens“. Das empfinde ich zwar einerseits als legitim, andererseits ist es aus meiner Sicht jedoch die blanke Energieverschwendung. Jeder weiß, in den globalen wie regionalen historischen Prozessen gibt es… (völlig Banane, worum es geht, ob Rohstoffe, Fabriken oder oder…) in solchen Prozessen gibt es immer Personengruppen, die sich gegen das Allgemein-Notwendige stemmen. So ist das Leben.

Warum ein zukünftiger AfD-Oberbürgermeister für Hoyerswerda ein Kümmernis ist – hier mehr.

Zu dem, was die „bürgerlich-demokratische Mitte“ von Hoyerswerda in der Oberbürgermeisterwahl 2020 tun könnte – hier mehr.