Ein AfD-Stadtrat startet einen Angriff gegen eine Geburtstags-Party von Gerhard Gundermann anlässlich seines 65. Geburtstages und weitet den Angriff aus auf den Veranstalter: die Kulturfabrik e.V. Hoyerswerda
Gerhard Gundermann-Kult in Hoyerswerda
Rote Lumpen ausmisten!
Am kommenden Abend findet in der Kulturfabrik eine Party statt, welche als Gundermann-Party beworben wird.
Als IM Grigori gab Gundermann Briefe von Freunden ans MfS weiter und denunzierte diese.
Gundermann galt als überzeugter Kommunist.
Er meldete Singeklub-Kollegen, die sich von einer Westtournee Funkgeräte mitgebracht hatten. Und er teilte dem „Organ“ alles mit, was er über die intimen Kontakte einer Bekannten zu einem französischen Bauarbeiter wußte. Gundermann war ein ausgezeichneter Spitzel. Der IM sei „ehrlich und zuverlässig“, äußerte sein Führungsoffizier, seine Berichte wurden als „umfassend und objektiv“ geschätzt.
Das MfS belobigt den „Kämpfer Grigori“ mit der „Arthur-Becker-Medaille“.
Als seine Aktivität dann nach der Wende bekannt wurde kündigte die große Plattenfirma, bei der Gundermann demnächst einen lukrativen Vertrag unterschreiben sollte und zog damit das Angebot zurück.
Mit dem Verlagsdeal wurde es auch nichts. Radio Brandenburg, früher so etwas wie Gundis Haussender, hat sich auch von Ihm distanziert und die Zusammenarbeit beendet.
Bis zu seinem Lebensende hatte er seine Taten weniger kritisch gesehen.
Wir fragen uns, ob es angemessen ist einem solchen Mann eine Party in einem städtischen Bürgerhaus zu widmen. Bei dem Bürgerhaus handelt es sich um eine Immobilie der Stadt, welches Zuschüsse von 250 000 € jährlich erhält.
Wir können uns nicht vorstellen, dass solche Veranstaltung mit Steuergeldern finanziert werden sollten.
Auch den Opfern von Stasi-Terror dürfte bei dieser Vorstellung anders zumute werden.
Neulich postulierte die CDU-Hoyerswerda noch, dass es gut sei, dass die Stasi und die DDR Geschichte sein. Der rote Terror bekam durch die Staatssicherheit einen Namen, so die Partei weiter. Wo bleibt der Aufschrei der CDU, wenn diese ihre Aussagen wirklich ernst meint. Es bleibt abzuwarten, wieviel Ehrlichkeit hinter den Phrasen der CDU wirklich steckt.
Unsere Stadt hat einiges zu bieten, daher ist es für uns unverständlich, warum ausgerechnet solchen Personen Veranstaltungen gewidmet werden.
Das Geld wäre sicher bei anderen kulturellen Veranstaltungen oder Events besser aufgehoben.
Toni Schneider, Stadtrat
Die die Kulturfabrik e.V Hoyerswerda reagiert:
Öffentliche Stellungnahme zur öffentlichen Mitteilung des Stadtrats Toni Schneider (AfD) über die Veranstaltung vom 15.2.20 im Bürgerzentrum – anlässlich des 65. Geburtstages von Gerhard Gundermann.
1. Der Veranstalter der vom Stadtrat Toni Schneider (AfD) öffentlich kritisierten Gundermann-Party ist nicht ein „städtisches Bürgerhaus“, sondern der von der Stadtverwaltung und vom Stadtparlament vertraglich beauftragte Betreiber – die Kulturfabrik e.V.
2. Die Veranstaltung erhält keine städtischen Zuschüsse, sondern wird allein durch Eintrittsgelder finanziert.
3. Wir gestehen – als Verein, der sich dem Erbe von Gundermann verpflichtet fühlt – jedem Bürger der Stadt zu, die widersprüchliche Lebensgeschichte und kulturelle Leistung von Gerhard Gundermann eigenverantwortlich und seinen/ihren eigenen Werten und Grundanschauungen entsprechend zu bewerten und zu formulieren.
4. Die Wortwahl des Stadtrats Toni Schneider halten wir jedoch als für einen parlamentarischen Vertreter von Hoyerswerda a) für höchst unangemessen, b) uns als Mitglieder des e.V. Kulturfabrik gegenüber als ehrverletzend und c) uns als vertraglichen Betreiber des Bürgerzentrums von Hoyerswerda gegenüber als politisch bedrohend.
5. Wer Gundermann und die sich seinem Erbe verpflichtende Bürger der Stadt als „rote Lumpen, die man ausmisten“ müsse, bezeichnet, offenbart eine unerträgliche politische Intoleranz und einseitige Etikettierung. Eine solche Haltung empfinden wir für einen parlamentarischen Vertreter der Stadt Hoyerswerda als unwürdig.
6. Wir sehen uns deshalb veranlasst, a) vom AfD-Stadtrat Toni Schneider eine öffentliche Entschuldigung zu fordern sowie b) bei wiederholten öffentlichen Abwertungen dieser Art in Zukunft rechtliche Schritte zu erwägen.
Einen der interessantesten FB-Kommentare auf die Stellungnahme der Kulturfabrik ist hier zu finden:
G.L: „Bei all der Aufregung solltet Ihr mal bitte nicht vergessen, dass Toni Schneider ein – wenn auch besonders widerwärtiges und schlecht erzogenes – Kind unserer Zeit ist. Dem in den letzten 30 Jahren pausenlos von den Medien erzählt wurde, dass DDR gleich Stasi und diese gleich Kommunismus ist. Außerdem ist er in einer Stadt groß geworden – wie auch ich -, die sich nie zu Gundermann bekannt hat und deren Stadtrat und zwar auch schon vor der AfD!) seit Jahren alle Anträge, eine klitzekleine Straße nach ihm zu benennen, abschmettert mit der Begründung, man ehre keinen IM. Die Kufa muss sich natürlich gegen Eingriffe in ihre Arbeit wehren, insofern unterstütze ich die Stellungnahme voll und ganz. Aber der Fisch stinkt vom Kopf her, wie es so schön heißt, und ein kleiner Möchtegern-Hitler wie Toni Schneider ist ganz bestimmt nicht der Kopf. Anstatt sich über diese kleine Laus aufzuregen sollte man mal nachdenken, wie man das Erbe von Gundi tatsächlich mal produktiv macht, jenseits nostalgischer Veranstaltungen. Ich hatte schonmal angeboten, unseren Gundermann-Film (der nach allen Vorführungen in Hoy sehr lange Gespräche bewirkt hat, in dem es um Vergangenheit und Zukunft der Stadt ging) in einer Veranstaltung mit allen OBM-Kandidaten zu zeigen und zu diskutieren, das war nicht so richtig erwünscht. Das Angebot steht noch.“
Toni Schneider reagiert mit einer Entgegnung auf die Stellungnahme der Kulturfabrik:
Unsere Stadt braucht andere Vorbilder und keine Ex Stasi-Spitzel – dabei bleibe ich!
Meine Entgegnung auf die Stellungnahme der Kulturfabrik Hoyerswerda e.V.
Sehr geehrte Kulturfabrik Hoyerswerda e.V.
Zunächst freue ich mich, dass Sie meine „öffentliche Mitteilung“ zur Kenntnis genommen haben.
Dennoch muss ich Kritik an dem Inhalt Ihrer Stellungnahme üben. Zu meinem Bedauern wurden einige Dinge falsch dargelegt. Im Einzelnen werde ich dies in Form einer Richtigstellung vornehmen. Es wird eine Richtigstellung Ihrer Aussagen geben, nicht vor Ihnen, sondern der Bürgerschaft unserer Stadt.
Die Grundaussage meines Textes werde ich dennoch in dieser Form grob umreißen.
Auch wenn ich vor Ihnen keinerlei Rechenschaft ablegen müsste.
Unsere Stadt hat in den letzten Jahrzehnten einen großen Wandel erleben müssen.
Die Einwohnerzahl hat sich mehr als halbiert, da es an Arbeit und Perspektive mangelt, belebten Wohnkomplexen sind grüne Wiesen gewichen.
Der Altersdurchschnitt liegt bei über 50 Jahren.
Gerade den jungen Menschen unserer Stadt mangelt es an Perspektiven und Vitalität in dieser Stadt. Daher sehe ich ein subkulturelles Zentrum als enorm wichtig für das Leben in Hoyerswerda an.
Junge Menschen, ich nehme mich da nicht aus, brauchen Begegnungsstätten, Begegnungsstätten, um andere junge Menschen zu treffen, gemeinsam zu feiern, oder künstlerische Projekte gemeinsam realisieren zu können. Genau da liegt Ihr Auftrag. Als wichtiges kulturelles Zentrum Hoyerswerdas, erhalten Sie daher auch die finanzielle Unterstützung der Stadt (jährlich ca. 250 000€) und die Immobilie in der Braugasse (neben dem Naturwissenschaftlich-Technischen- Kinder- und Jugendzentrum als weiteren Mieter).
Mit Erschrecken musste ich nun feststellen, dass Sie genau diesen Auftrag dafür nutzen, Veranstaltungen zu realisieren, welche den Namen eines ehemaligen Stasi-Spitzels tragen. Gerhard Gundermann denunzierte Freunde, Musiker und andere Personen beim Ministerium für Staatssicherheit. Das MfS war eine Institution der DDR, einem Regime, welches Deutschland durch Stacheldraht und Todesstreifen teilte, Familien zerriss und 16,1 Mio. Menschen über Jahrzehnte einsperrte. Circa 140 Menschen wurden an der Mauer erschossen. Noch heute trauern die Familien der Opfer. Das Wissen darum bewegte mich zum Handeln und meiner „öffentlichen Erklärung.“
Es geht hier um die Würde der Opfer und der unzähligen Menschen, welchen man in den dunklen Stasi-Kellern
die Seele brach.
Menschen, die man nicht brechen konnte, wurden in Gefängnissen, wie wir es noch heute in Bautzen besichtigen können, interniert.
Es ist erschreckend, dass Sie meinen, das Erbe eines Mannes erhalten zu müssen, der als inoffizieller Mitarbeiter ein Teil dieses Systems war.
Der IM sei „ehrlich und zuverlässig“, lobte sein Führungsoffizier, seine Berichte wurden als umfassend und objektiv beschreiben.
(Quelle: Die Zeit)
Wenn Sie nun meinen, dass Sie Partys, die seinen Namen tragen und in Immobilien der Stadt stattfinden, durchführen zu müssen, dann werde ich als gewählter Stadtrat dies kritisieren dürfen.
Wenn ich dies des Weiteren mit dem Zitat „rote Lumpen ausmisten“ kommentiere und Sie dies auf sich persönlich projizieren, dann ist dies Ihre Sache.
Wie sagt man so schön: „getroffene Hunde bellen.“
Zur Erklärung: Das Zitat war auf Gundermann speziell bezogen.
Was mich zu dieser doch etwas harten Formulierung brachte? Ich will Ihnen auch das erklären. 1. Gundermann hat sich bis zu seinem Tod als Kommunist gesehen, die Farbe der Kommunisten weltweit ist eben nun einmal Rot.
2. Gundermann hat Menschen an die Staatssicherheit verraten, dieser Fakt macht ihn meiner Ansicht nach zu einem Lumpen. Da er damit einem verbrecherischen System einen verbrecherischen Dienst erwies.
Er meldete sich freiwillig bei der Stasi, auch das sollte nicht unbeachtet bleiben.
Was ist also an meiner Meinungsäußerung beleidigend oder eines Stadtrates nicht würdig?
Untragbar ist meiner Meinung nach die Tatsache, dass Sie einem solchen Mann eine Party anlässlich seines Geburtstages widmen.
Ich wurde bei der letzten Wahl als jüngster Stadtrat in unser Rathaus gewählt.
Wenn Sie mir nun aufgrund der hervorgebrachten Fakten meine Kompetenz absprechen wollen, zeugt dies nur von Ihrem geschichtlichen Unverständnis.
Eines sollten Sie sich merken, ich als Demokrat stelle mich entschieden gegen jegliche Form des Sozialismus, ob er von links oder rechts stammt. Die DDR war ein diktatorisches und zugleich sozialistisches System, der NationalSOZIALISMUS ebenfalls. Das sind und bleiben historische Fakten, welche auch Sie zur Kenntnis nehmen müssen.
Herr Gundermann war ein williger Diener, daran ändern auch ein paar schöne Lieder nichts.
Hoyerswerda hat viel Potenzial. Sie sollten dazu beitragen und gemeinsam mit den Menschen hier in die Zukunft blicken. Spenden Sie Hoffnung – dafür braucht es keine ehemaligen Stasi-Mitglieder und deren Huldigung.
Wir reichen Ihnen dazu gern die Hände – denn es geht um die Menschen in dieser Stadt und diese haben andere Vorbilder verdient.
Aber Sie mögen mir verzeihen, wenn ich als gewählter Kommunalpolitiker und Sohn dieser Stadt auch weiterhin frei meine Meinung äußern werde. So funktioniert eben Demokratie.
Ich sage es nochmals – wir sollten als Menschen dieser Stadt gemeinsam Zukunft gestalten und dafür braucht es nicht die Bewahrung eines fragwürdigen „Erbes,“ dem „Erbe“ des Gerhard Gundermann.
Sollten Sie meine Ausführungen nun immer noch als Intolerant bezeichnen, dann tut es mir wirklich leid.
Es tut mir leid, da Sie damit der Stadt und den Menschen für die Zukunft keinen Gefallen tun werden.
Toni Schneider, Stadtrat der großen Kreisstadt Hoyerswerda
Auf einer anderen FB-Seite bekennen sich zwei weitere AfD-Funktionäre zu Schneiders Statement:
Karsten Hilse (Mitglied des Bundestages): „Ich war in meiner Jugend auch Fan von Gundermann, weil ich glaubte, dass er sich mit künstlerischen Mitteln gegen die SED-Diktatur stellt. Als ich erfuhr dass er ein Stasi-Denunziant war, der mit seinen Berichten viele Menschen, auch engste Freunde, ins Unglück stürzte, hatte ich keinerlei Sympathien mehr für ihn. Die Achtung, die ich für ihn empfand, schlug in abgrundtiefe Verachtung um, auch deshalb, weil er nicht etwa wie viele andere, unter Druck gesetzt wurde, sondern sich selbst bei den Verbrechern meldete, um Auslandsgastspiele genehmigt zu bekommen. Mit dem gleichen Geschichtsrevisionismus, mit dem man diese Tatsachen ausblendet, geht man heute über das skandalöse Rückgängigmachen einer demokratischen Wahl mit diktatorischen und unter Umständen strafrechtlich relevanten Mitteln mit einem Schulterzucken hinweg. Unsere Gesellschaft entwickelt sich gerade wieder in Richtung einer Diktatur mit all seinen Begleiterscheinungen, Einschränkung der Meinungsfreiheit, Denunziantentum, Gewalt gegen Dissidenten usw.. Dagegen treten wir an, für nicht mehr und nicht weniger.“
Marco Gbureck (Oberbürgermeister-Kandidat der AfD für Hoyerswerda):
„Ach R., du willst einen AfD Oberbürgermeister verhindern d.h. , dass das Anhängsel Kandidat nicht nötig ist, da es den Kandidaten schon gibt. Den Kandidaten kann man nicht mehr verhindern. Mir ist sehr wohl bewusst, was Herr Schneider schreibt. Wenn wir schon beim Zitieren und Wortklauben sind, dann doch bitte „Rote Lumpen“ und nicht Linke. Behalte doch deine Meinung für dich mit dem Wissen, dass ich hinter Toni Schneiders Aussagen stehe. Guten Abend“