Ich arbeite seit einem halben Jahr in der Gründungs-Initiative „Bürgerregion Lausitz“ mit. Da wir mit unserem Manifest nicht so richtig aus dem Arsch kommen – und ich großmäulig verkündete, ich kann Texte schreiben – verfasste ich kurzerhand eine Textskizze.
1. Der Ausgangspunkt
Die Siedlungs- und Kulturregion Lausitz hat eine 1.400 Jahre alte Geschichte voller bemerkenswerter sozialer und kultureller Entwicklungen, Brüche und Wandlungen.
Nur knapp 30 Jahre nach dem letzten einschneidenden Struktur-Umbruch, steht der Lausitz nun der nächste bevor. 150 Jahren war ein Bodenschatz – die Braunkohle – das ökonomischen Herzstück der Region. Es bestimmte maßgeblich die Waren-, Geld- und Arbeitskraft-Kreisläufe in der Lausitz. Dieses ökonomische Herzstück wird nunmehr stufenweise abgeschaltet. Die Region steht somit vor dem großen Abenteuer, ihre ökonomischen Grundlagen neu auszurichten. Wir Lausitzer müssen uns die zentrale Frage beantworten: Was kann die wirtschaftliche Bedeutung der Braunkohle ersetzen? Was genau soll die Investitions-, Produkt-, und Kompetenz-Kreisläufe beleben, um uns Bürger der Lausitz eine angemessene soziale Existenz zu ermöglichen? Damit diese Operation am ökonomischen Herz der Lausitz gelingt, haben sich die hiesigen politischen und wirtschaftlichen Akteure zu einem kreativen Netzwerk zusammengetan – und die Wirtschaftsregion Lausitz gegründet.
2. Die bürgergesellschaftliche Perspektive
Neben der wirtschaftlichen Perspektive auf die Lausitz gibt es eine weitere höchst bedeutsame Perspektive! Unabhängig von ihren Rollen, die Menschen in der Erwerbsarbeit oder im Privaten ausüben – begegnen sie sich sich auch als Mitglieder einer öffentlichen Gemeinschaft – als Bürger. In dieser Rolle gehen sie ihren gemeinschaftlichen Belangen und Interessen nach, schließen sich sich zusammen, handeln diese aus. Sei es in der Nachbarschaft, im Ehrenamt, in einer beliebigen Interessengemeinschaft, sei es als Mitglied einer Gemeinde oder einer Region usw. usf.
Die Perspektive auf die eigenen, gemeinschaftlichen Belange und Interessen – diese Perspektive – nennen wir die bürgergesellschaftliche Perspektive.
Die Rolle als Bürger, sichert den Lausitzer*innen Rechte zu, verlangt ihnen Pflichten ab und bietet ihnen Gestaltungsmöglichkeiten.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet, trägt jeder Mensch in der Rolle des Bürgers das Potenzial in sich, Akteur der eigenen gemeinschaftlichen Interessen zu werden. Interessen, die in veränderten Umständen stets neu artikuliert, formuliert und ausgehandelt werden.
3. Die Bürgerregion Lausitz
Durch den bevorstehenden gravierenden ökonomischen Strukturwandel steht in der Lausitz auch eine Veränderung der gemeinschaftlichen Belange in vielen zivilgesellschaftlichen Bereichen bevor. Veränderungen, die Gefährdungen und Chancen bergen. Diese für uns Bürger der Lausitz detailliert sichtbar und zugleich produktiv nutzbar zu machen, steht nun auf der Tagesordnung. Zu diesem Zweck gründet sich neben der Wirtschaftsregion Lausitz – als ergänzendes Pendant – das zivilgesellschaftliche Netzwerk Bürgerregion Lausitz!
4. Unser zentrales Ziel
Die Bürgerregion Lausitz! möchte die Potenziale und Formen der bürgerschaftlichen Aktivitäten in unserer Region identifizieren und sichtbar machen. Sie möchte diese vernetzen und ihre Ausgestaltung unterstützen. Die Bürgerregion Lausitz! möchte dabei kreativ und unkonventionell Anteil nehmen an der Herausbildung eines regionalen Gemeinschaftsgefühls – im Kontext einer Lausitzer Zukunfts-Perspektive.
5. Unsere Handlungsfelder
Die Initiativgruppe Bürgerregion Lausitz!, die sich im Juni 2019 gründete, hat bisher folgende zivilgesellschaftlichen Handlungsfelder identifiziert: 1. Schule, 2. Jugend, 3. Alter, 4. Migration, 5. Integration (Inklusion), 6. Kultur, 7. Umwelt, 8. Unternehmen, 9. Digitalisierung.
Über diesen Handlungsfeldern steht als allgemeines und integratives Handlungsfeld die Bürgerbeteiligung, die sich für jedes dieser Handlungsfelder als zu bewältigende Aufgabe stellt. Partizipation der Bürger (Bürgerbeteiligung und -Teilhabe) ist der ureigene Sinn, das eigentliche, zentrale Motiv einer Bürgerregion überhaupt: Die Befähigung zur Selbstorganisation in Form von Projekten und sich einmischenden Initiativen.
6. Unsere Arbeitsstruktur
Die Bürgerregion Lausitz! wird sich dazu eine ehrenamtliche und hauptamtliche Organisationstruktur schaffen. Dazu benötigt sie perspektivisch Verfügungsgewalt über einen zivilgesellschaftlichen Fond, der es ihr ermöglicht einen eigenen Haushalt aufzustellen.
Dieser soll folgende Aspekte finanzieren: 1. die detaillierte Sichtbarmachung bürgerschaftlicher Akteure in der Lausitz in Form eines öffentliche zugänglichen Wissens- und Daten-Speichers, 2. die Darstellung, Unterstützung und Bezuschussung bürgerschaftlicher Projekte und Initiativen 3. ihre kommunikative Vernetzung, 4. die Personalkosten für ein kleines professionelles, hauptamtliches Team.
Ermutigen und ermächtigen wir uns selbst, wir Bürger*innen der Lausitz, unsere zivilgesellschaftlichen Belange selbst in die Hand zu nehmen und sie selbstbewusst und kreativ zu organisieren! Verwandeln wir die Lausitz, während sie erneut durch einen neuen wirtschaftlichen Strukturwandel galoppiert, in eine vitale, vielfältige und vor allem echte – Bürgerregion!